Moscoviáda
Gastspiel Divadlo X10 Prag
Moskau, Anfang der 90er Jahre. Der ukrainische Dichter Otto von F. erwacht verkatert im obersten Stockwerk des Moskauer Literaturinstituts Gorki. Dort leben die poetischen Hoffnungen aus den sowjetischen Provinzen auf engem Raum. Das Imperium zerfällt, die Stimmung ist gereizt. Gegen seinen Zustand ankämpfend macht sich Otto auf den Weg durch die Hauptstadt des zerfallenden Reichs, strandet in einer Absturzkneipe, in der Wohnung seiner zornigen Geliebten und im Kaufhaus »Kinderwelt«. Hier findet er das Tor einer „Unterwelt“, wo die Eminenzen der russischen Großmacht residieren, ihre Fantasien grausige Gestalt annehmen und die Ukraine als ur-russisches Territorium gefeiert wird.
Der Autor, Dichter und Essayist Juri Andruchowytsch (1960) ist einer der wichtigsten zeitgenössischen ukrainischen Künstler*innen. In seinem international erfolgreichsten Roman »Moscoviáda« (1993) – Untertitel »Ein Schauerroman« – skizziert er in einem karnevalesken Tableau die Auflösung des Sowjetimperiums, zugleich aber das Weiterleben des Phantasmas einer ewigen russischen Großmacht. In der aktuellen geopolitischen und militärischen Situation ist der Text visionär und erschreckend. Die Uraufführung fand im Dezember 2022 am Divadlo X10 in Prag statt, Regie führte Dušan David Pařízek, der am Deutschen SchauSpielHaus zuletzt »Eine Frau flieht vor einer Nachricht« und »Was Nina wusste«, beides von David Grossman, inszeniert hat.
Die Bühnenfassung entstand in Zusammenarbeit mit Ralf Fiedler, Dramaturg am Deutschen SchauSpielHaus Hamburg.